Monika Peterlik ist blind und arbeitet in der Zeitarbeitsbranche
von Marcus Meier
Monika Peterlik ist ein fröhlicher Mensch. Das merkt man der 57-Jährigen sofort an. Ihr oberbayerischer Akzent und ihre positive Ausstrahlung sind offenkundig. Entsprechend leicht fällt es, auf die gebürtige Münchnerin zuzugehen und ins Gespräch zu kommen. Monika Peterlik ist eine Frau, die mitten im Leben steht, gerne mit Menschen arbeitet und keine Berührungsängste hat. Ganz selbstverständlich ist ihre lebensbejahende Mentalität dann aber doch nicht.
„Es passierte 2004“, erinnert sich die 57-Jährige. „Innerhalb eines Monats verschlechterte sich mein Sehvermögen von 100 auf null Prozent.“ Eine medizinische Erklärung für die rasche Erblindung gibt es bis heute nicht. „Das waren harte Zeiten damals“, betont sie. Ihren Optimismus und ihre positive Lebenseinstellung ließ sie sich vom Handicap nicht nehmen. „Das Leben geht weiter, wenn man es selbst in die Hand nimmt“, fasst sie ihre Erfahrungen zusammen.
Vor der Erblindung führte Monika Peterlik ein Leben wie viele andere. Nach der Schule arbeitete sie in der Bank, nahm sich eine berufliche Auszeit, gründete eine Familie und bekam eine Tochter.
Punktschrift im BFW Würzburg
Dann kommt der Sommer im Jahr 2004 und der Verlust der Sehkraft. „Es gibt Schöneres als blind zu werden. Es gibt aber auch Schlimmeres,“ sagt Monika Peterlik heute. Sehr geholfen hat ihr der schnelle Kontakt zum Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg. Das Bildungszentrum im unterfränkischen Veitshöchheim hat sich auf die berufliche Bildung blinder und sehbehinderter Menschen spezialisiert. Im BFW lernt sie die Punktschrift und so wieder lesen und schreiben. „Ab dem Erlernen der Punktschrift ging es dann wieder aufwärts,“ erinnert sie sich. Der Ehrgeiz der engagierten BFW-Teilnehmerin sorgt dafür, dass sie deutschlandweit die erste ist, die die Ausbildung zur Servicefachkraft für Dialogmarketing blindheitsgemäß an der Braillezeile absolviert. Zudem ist sie 2007 mit ihrer Abschlussnote unter den besten Absolventen im gesamten Bundesgebiet.
Mit engagierter Leistung zur neuen Stelle
Die Jobsuche nach der BFW-Zeit gestaltet sich dennoch schwierig. „Viele Arbeitgeber nehmen gerne den Eingliederungszuschuss mit“, so die Erfahrung der blinden Frau. Sobald es nach einigen Monaten darum gehe, das Gehalt komplett zu übernehmen, trenne sich die Spreu vom Weizen. So tingelt sie bis Mitte 2013 von Kurzzeitjob zu Kurzzeitjob. Bei Sammeth Personalmanagement in Karlstadt, einem expandierenden Unternehmen unweit von Würzburg, wird sie dann beruflich glücklich. Unterstützung erhält sie dabei von den Reha- und Integrationsmanagern des BFW Würzburg. „Wir sind immer dankbar, wenn Arbeitgeber vorurteilsfrei auf unsere sehbehinderten Teilnehmer zugehen“, berichtet Sabine Zürn vom BFW Würzburg. „Das ist trotz Inklusion leider noch nicht ganz selbstverständlich“, macht sie klar.
„Am Anfang waren wir ehrlich gesagt auch etwas zurückhaltend“, sagt Andrée Sammeth, ihr heutiger Arbeitgeber. „Ein Besuch im BFW Würzburg und die unverkrampften Gespräche mit den sehbehinderten Teilnehmern dort haben mich dann vom Gegenteil überzeugt.“ Ideal ist zudem, dass Andrée Sammeth für seine Vertriebsabteilung dringend eine Mitarbeiterin sucht, die topfit am Telefon und am PC ist sowie verkäuferisches Talent in der Kundenakquise hat. Mitte 2012 absolviert Monika Peterlik ein mehrmonatiges Praktikum bei Sammeth Personalmanagement, am 01. Dezember 2012 wird ihre engagierte Arbeit mit der unbefristeten Einstellung belohnt.
„Damit eins klar ist: Wir beschäftigen Monika Peterlik aufgrund ihrer sehr guten Arbeitsleistung und ihrer hohen Motivation, nicht aufgrund ihres Handicaps“, sagt Andrée Sammeth und ergänzt: „Menschlich und fachlich möchten wir sie nicht mehr missen.“
Im Berufsalltag bekommen die Gesprächspartner beim Telefonieren nicht mit, dass Monika Peterlik blind ist und mit der Braillezeile arbeitet. Neben der klassischen Telefonakquise umfasst ihr Aufgabengebiet inzwischen den Schriftverkehr mit Kunden, den sie über eigens erstellte Textbausteine souverän erledigt. Zudem führt sie Gespräche mit Anwärtern für den Bewerberpool bei Sammeth Personalmanagement und wiegt ab, ob der Gesprächspartner zuverlässig und geeignet ist. Geschätzt wird ihre Expertise auch bei Bewerbungsgesprächen vor Ort in Karlstadt. „Frau Peterlik
beurteilt unsere Bewerber nicht nach deren optischem Erscheinungsbild“, erläutert der Firmenchef. Sie bildet ihre Meinung aufgrund des gesprochenen Wortes und hat so eine neutralere Herangehensweise. Ein Umstand, den man bei Sammeth Personalmanagement als Vorteil erkannt hat. Und es gibt tatsächlich Dinge, die Monika Peterlik schneller machen kann als ihre sehenden Kollegen. Mailtexte hat sie beispielsweise abgespeichert und so ruckzuck ihre Briefe an die verschiedenen Kunden versendet.
„Wir sind alle total begeistert“, bringt es Andrée Sammeth auf den Punkt. Inzwischen wirbt der 38-Jährige auch bei seinen Kollegen in der Zeitarbeitsbranche dafür, Menschen mit Handicap eine berufliche Chance zu geben. „Durch das kostenlose mehrwöchige Praktikum kann man sich als Arbeitgeber ein gutes Bild von den behinderten Bewerber machen.“ Und Andrée Sammeth lässt auch im eigenen Unternehmen Taten sprechen: Nach einem erfolgreichen Praktikum ist inzwischen auch Monika Peterliks stark sehbehinderter Lebensgefährte Tom Truckenbrodt im Team von Sammeth Personalmanagement dabei – und seit 1. April 2015 fest angestellt.
Sie sind vorurteilsfrei und möchten einem Absolventen des BFW Würzburg eine berufliche Zukunft bieten? Sabine Zürn vom BFW Würzburg freut sich auf Ihren unverbindlichen Anruf unter Telefon 0931 – 9001-144.
Andrée Sammeth/ Monika Peterlik: Firmenchef Andrée Sammeth (links) hält große Stücke von seiner Mitarbeiterin Monika Peterlik (rechts). Ihre Blindheit spielt im Berufsalltag nicht wirklich eine Rolle.
Foto: Marcus Meier
Das Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg ist eines von bundesweit 28 BFWs. Das überregionale Bildungszentrum ist eines von vier BFWs, das sich auf blinde und sehbehinderte Menschen spezialisiert hat. Der Großteil der Lehrgangsteilnehmer des BFW Würzburg war vor der Seheinschränkung berufstätig. Durch eine Erkrankung oder einen Unfall können sie ihre bisherige berufliche Tätigkeit nicht mehr länger ausüben. Die Experten des BFW Würzburg unterstützen Betroffene dabei, sich neue berufliche Perspektiven zu verschaffen.
Konkretes Ziel des BFW ist die zeitnahe Wiedereingliederung der Teilnehmer in das berufliche und gesellschaftliche Leben. Individuelle Kursangebote und optimal auf blinde und sehbehinderte Erwachsene abgestimmte Qualifizierungsmaßnahmen machen das BFW Würzburg zu einer der bundesweit führenden Einrichtungen in diesem Bereich. Die Betreuung durch Psychologen, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter und geschulte Fachkräfte runden die Leistungen ab.
Das 1962 gegründete BFW Würzburg hat seinen Firmensitz seit 1980 in Veitshöchheim und verfügt über 200 Ausbildungsplätze in gut zwanzig verschiedenen Ausbildungsberufen und Berufsvorbereitungen. Die Arbeit des Haupthauses wird vor Ort von Regional-Centern in München und Hannover ergänzt. Die Dienstleistungen des Bildungszentrums nutzen blinde und sehbehinderte Erwachsene, Rehabilitationsträger (Agenturen für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung, Jobcenter und Berufsgenossenschaften) sowie Unternehmen der Wirtschaft und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes.
Mehr Informationen zum BFW Würzburg finden Sie im Internet unter www.bfw-wuerzburg.de
Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg
Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte
Irene Elisabeth Girschner
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Infos im Internet: www.bfw-wuerzburg.de