Experteninterview mit Peter Gißmann

Unser Experte zum Thema Qualität im Callcenter: Peter Gißmann, Geschäftsführender Gesellschafter der almato GmbH!

 

Das zweite Experteninterview vom 04.08.2011 zum Thema Qualität im Callcenter kommt auch nicht ohne einen Querverweis auf die Sozialen Medien aus, beleuchtet jedoch weiterführend die möglichen Auswirkungen neuer Regulierungsverfahren auf die Qualität im Callcenter.

CCV: Herr Gißmann, lassen sich Social Media im Multi-Channel-Contact Center tatsächlich schon sinnvoll monitoren oder ist das noch Zukunftsmusik?

Peter Gißmann: Die Entscheidung vieler Contact Center sich für Social Media zu öffnen ist richtig und wichtig. Damit werden Mitarbeiter aber auch vor neue Herausforderungen gestellt, denn sie müssen somit häufig in der gleichen Zeit mehr Anfragen bearbeiten und sich dennoch auf jeden Kunden möglichst individuell einstellen. Um hier keinen Verlust an Servicequalität zu riskieren empfehlen sich die Ausweitung von Trainingsmaßnahmen und der Einsatz intelligenter Systeme. Objektives und kontinuierliches Feedback kann in Form individueller Auswertungen beispielsweise durch Mitschnitte von Kundeninteraktionen, Trainingsvideos oder kurzen eLearning-Clips erfolgen. Mitarbeiter entwickeln sich dann am besten, wenn sie in ihrer individuellen Geschwindigkeit und in vertrauter Umgebung des eigenen Arbeitsplatzes lernen können. Ganz abgesehen davon tragen solche Systeme ganz wesentlich zur Entlastung der Teamleiter bei.

Aktuell sehe ich in Social Media vor allem eine interessante Möglichkeit, sich ein Bild von der Stimmungslage der Kunden zu machen und auftretende Trends, Krisen und Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Für echten und effektiven Kundendialog liegt der Schwerpunkt zurzeit aber noch eindeutig auf der Telefonie.

CCV: Wird denn ein effektives Quality Monitoring noch möglich sein, wenn der Gesetzentwurf zum Beschäftigtendatenschutz unverändert bleibt?

Peter Gißmann: Mit dem geplanten Gesetz sollen Lücken im geltenden Recht geschlossen werden, um die Rechtssicherheit für Beschäftigte und Arbeitgeber zu erhöhen. Für die Call Center-Branche wird dabei insbesondere der neue Paragraph 32i erhebliche Auswirkungen haben. Die zu erwartenden Regelungen werden das Quality Monitoring zumindest in den Contact Centern erschweren, deren Systeme nicht über die notwendige Flexibilität verfügen, um die neuen Vorgaben umzusetzen. Es gibt jedoch schon heute Lösungen am Markt, die die zentralen Anforderungen des Beschäftigtendatenschutzgesetzes an das Quality Monitoring bereits erfüllen. Durch einen rein selektiven Recording-Ansatz können beispielsweise stichprobenartige Aufzeichnungen problemlos umgesetzt werden. Zudem erhalten die Call Center-Agenten einen Hinweis, sobald ein Aufzeichnungszeitplan aktiv ist. Falls ein Gespräch aufgezeichnet worden ist, wird der Agent am Bildschirm durch das System umgehend darüber informiert und hat sogar die Möglichkeit, eine Aufzeichnung zu löschen oder freizugeben.

Damit können Call Center Betreiber den neuen Regelungen vom technologischen Gesichtspunkt aus gelassen entgegensehen. Der Betriebsrat wird weiterhin ein Mitbestimmungsrecht darüber haben, wie das Quality Monitoring umgesetzt wird. Unbestimmte Rechtsbegriffe wie z.B. „stichprobenartig“ werden künftig zum Gegenstand der Verhandlungen einer Betriebsvereinbarung. Erfahrung und Fingerspitzengefühl sind also gefragt. Spannend werden die Details des Beschäftigtendatenschutzgesetzes vor allem für das Telefonbanking und den Wertpapierhandel, wo die Aufzeichnung von Gesprächen in vielen Fällen zwingend erforderlich ist. So oder so ist es jedoch für Unternehmen in allen Branchen ratsam, sich rechtzeitig auf die zu erwartenden Änderungen vorzubereiten – organisatorisch, strategisch und technologisch.

CCV: Wo wir schon bei Gesetzesänderungen sind: Welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Servicequalität durch die kommende Gesetzgebung zur kostenlosen Warteschleife?

Peter Gißmann: Die Diskussion um die Frage, ob sich im telefonischen Kundenservice die extrem kostenbewussten Unternehmen oder eher die auf Qualität bedachten Anbieter durchsetzen werden, erhält durch die Entscheidung für die kostenlose Warteschleife ein neues, schwerwiegendes Argument. Die These, wonach wer heute an Qualität spart, morgen dafür nur noch umso mehr bezahlen muss, wird sich in Zukunft noch deutlicher bestätigen. Um teure Warteschleifen zu vermeiden empfiehlt es sich schlicht und einfach mehr in Qualität zu investieren, wodurch Bearbeitungszeiten und somit Wartezeiten verkürzt werden. Grundsätzlich erwarten wir also nach dem Beschluss der Regierung ein steigendes Interesse an Lösungen zur Qualitätssicherung in Call Centern. Durch eine rasche Bearbeitung der Anliegen können effektiv geschulte Mitarbeiter im Kundenservice mehr Anfragen pro Stunde bearbeiten wodurch Warteschleifen seltener benötigt werden.

Systeme, die dem Mitarbeiter in jeder Situation Entscheidungs- und Handlungsoptionen aufzeigen unterstützen diesen Prozess. Dabei geht es nicht darum, dem Agenten ein Korsett überzustreifen, das ihn unbeweglich macht und in einen standardisierten Prozess zwängt. Ein IT-gestütztes System, das verschiedene Anwendungen und Informationsquellen für den Mitarbeiter auf einer Oberfläche zusammenführt, und es ihm erlaubt auf jede Kundenanfrage individuell zu reagieren und schneller zu bearbeiten, kann die Leistung der Kundenberater deutlich erhöhen. Der Mitarbeiter kann sich auf diese Weise besser auf seinen Kunden konzentrieren.

Vielen Dank Herr Gißmann für Ihre Beurteilung der Situation.

Servicequalität im Callcenter – ein aufstrebendes Erfolgskriterium oder nur ein weiterer Kostenfaktor?

Lesen Sie auch den zweiten Teil des Interviews mit Peter Gißmann zu den Themen Servicequalität als Erfolgskriterium, On-site Coaching versus Quality Monitoring und Steuerung externer Dienstleister.

CCV: Herr Gißmann, nachdem wir Sie in der letzten Woche zu Auswirkungen aktueller Regulierungsverfahren auf das Quality Monitoring befragt haben, nun noch einmal zu den Grundlagen – Ist Servicequalität nach der Wirtschaftskrise ein aufstrebendes Erfolgskriterium oder nur ein weiterer Kostenfaktor an dem gespart werden wird?

Peter Gißmann: Rationalisierung und die Konzentration auf Profit Center– so lauteten die Aufgaben der Entscheider als es darum ging, durch wirtschaftlich unruhige See zu steuern. So logisch diese Herangehensweise wirken mag, so hat dies vielerorts dafür gesorgt, dass Maßnahmen rasch unter dem Eindruck kurzfristiger Kostensenkung beschlossen wurden. Einige Entscheidungen erweisen sich nun als Bumerang, denn gestärkt aus der Krise kommen vor allem die Unternehmen, die langfristig auf Qualität gesetzt haben. Als wichtiger Erfolgsfaktor hat sich dabei der Kundenservice erwiesen.

Hervorragender Kundenservice ist kein Luxus, sondern eine Aufgabe für jedes Unternehmen. Es wäre ein Luxus, diese zu vernachlässigen. Ebenso ist es ein Trugschluss zu glauben, dass Qualität im Kundenservice zu steigenden Kosten führt. Das Gegenteil ist der Fall. Wer hochwertigen Kundenservice bietet, der sichert sich die Loyalität seiner Kunden und steigert deren Zufriedenheit. Das macht sich bezahlt. Kein Unternehmen kann auf zufriedene Bestandskunden verzichten, denn diese entscheiden sich immer wieder für das Unternehmen. Guter Service spricht sich herum und reduziert somit die Aufwendungen für die Neukundenakquise.

CCV: Ein Großteil der Unternehmen arbeitet besonders im Kundenservice mit Dienstleistern zusammen. Kann man ohne Quality Monitoring externe Callcenter Dienstleister überhaupt noch sinnvoll steuern?

Peter Gißmann: Grundsätzlich ist dies möglich. Es erfordert allerdings einen recht hohen Ressourceneinsatz, indem beispielsweise regelmäßig oder sogar permanent Mitarbeiter des Unternehmens vor Ort beim Dienstleister präsent sind. Hier stellt sich dann erneut die Frage nach der Effizienz. Vor allem Großunternehmen wollen Qualitätsanforderungen klar definieren können und durch einheitliche Kriterien nachvollziehen. Der Einsatz einer Quality Monitoring-Lösung bei externen Dienstleistern hilft somit allen Beteiligten, jederzeit die abgelieferte Qualität zu messen und wenn nötig Verbesserungsmaßnahmen ohne Zeitverzug durchzuführen.

Von Vorteil ist es auch, wenn Quality Monitoring-Lösungen modular aufgebaut sind und die Software standortübergreifend eingesetzt werden kann.

CCV: Herr Gißmann: Funktioniert Coaching im Callcenter in den heutigen Zeiten noch losgelöst vom Quality Monitoring?

Peter Gißmann: Klassisches on-site Coaching funktioniert auch losgelöst, keine Frage. Wie effizient ein solches Coaching durchgeführt werden kann, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Deswegen sollten wir Monitoring und Coaching nicht separat betrachten. Die Integration beider Prozesse bietet weit mehr als die Summe beider Teile. Coaching ist die beste Möglichkeit, Agenten erfolgreich zu führen und zu Premium-Leistungen zu motivieren. Das Monitoring System identifiziert den Coachingbedarf präzise und misst die Fortschritte.

Im Idealfall handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess, der vom Evaluieren der Ausgangssituation, über die Korrektur durch Training, bis hin zur Motivation zu Verbesserungen reicht. Integrierte Lösungen legen den Fokus nicht ausschließlich auf Zahlen, sondern auch auf sogenannte weiche Faktoren. Zwar spielen die Anzahl und die Dauer der Kundeninteraktionen nach wie vor eine Rolle, aber sie werden mit anderen Servicefaktoren wie zum Beispiel Kundenzufriedenheit und Vertriebsorientierung verknüpft, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Das Contact Center wird auf diese Weise zum Profit Center und bietet damit einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.

Vielen Dank Herr Gißmann für die weiteren Ausführungen zum Thema.

Wir freuen uns auf Ihre Anmerkungen, Fragen und Ihr Expertenwissen im CCV Forum der Gruppe Call Center Club bei Xing!

 

Peter Gißmann, Geschäftsführender Gesellschafter der almato GmbHPeter Gißmann gründete die almato GmbH, um innovative und revolutionäre Lösungen im Bereich ‚Workforce Optimization‘ auch im deutschsprachigen Raum zu etablieren und verantworter die Bereiche Strategie, Personal und Finanzen. Seine berufliche Karriere begann Gißmann mit der Ausbildung zum Versicherungskaufmann. Nach Abschluss seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre war er zunächst bei der Nixdorf Computer AG und der Siemens Nixdorf Informations-systeme AG tätig. Als Sales Manager DACH für TCS Management Ltd., war er einer der Pioniere für Workforce Management Lösungen im deutschsprachigen Raum. Danach leitete er als Sales Director den weiteren Auf- und Ausbau der inländischen Vertriebs-organisation sowie die Entwicklung des Vertriebspartnernetzes der InVision Software AG.

Kontakt:

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Wöhrdstraße 5
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Über die almato GmbH:

Die almato GmbH bietet innovative Lösungen, die Customer Service Center in die Lage versetzen, aus jedem einzelnen Kundenkontakt optimale Ergebnisse zu erzielen. Der Schwerpunkt der Geschäftsaktivitäten liegt im Performance Management. Angeboten werden Softwarelösungen für Real Time Interaction Management, Quality Monitoring, reine Sprachaufzeichnung, eLearning und Kundenzufriedenheitsbefragung mit integrierten Analyse- und Reporting-Tools.