Update: Der Bundestag hat Gesetzespakete zur weiteren Behandlung der Corona-Pandemie verabschiedet, denen der Bundesrat am 16. September 2022 zustimmte. Sie enthalten bundeseinheitliche Schutzmaßnahmen und Ermächtigungsgrundlagen für die Länder sowie weitere Regelungen, die z. B. die Ausübung der betrieblichen Mitbestimmung betreffen. Sie treten am 1. Oktober 2022 in Kraft.
Insbesondere die Neuregelung des Bundesinfektionsschutzgesetzes (IfSG) enthält Regelungen für die sozialrechtliche Abfederung, für eine weitere Impfkampagne, für die Medikamentenversorgung und für ein besseres Monitoring der Pandemie. V. a. aber werden die Rechtsgrundlagen für Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Pandemiebekämpfung ab Oktober 2022 festgelegt.
28a IfSG enthält wie bisher einen Katalog möglicher Schutzmaßnahmen für den Fall, dass der Deutsche Bundestag erneut eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 IfSG feststellen sollte. Das würde die weitestgehenden Einschränkungen ermöglichen, unter anderem Abstandsgebot im öffentlichen Raum; Maskenpflicht; Verpflichtung zur Vorlage eines Impf-, Genesenen- oder Testnachweises; Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen; Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung betrieblicher Hygienekonzepte; Untersagung von Veranstaltungen, Reisen, Übernachtungsangeboten und Gastronomie sowie Betriebsschließungen. Die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Bundestag setzt voraus, dass eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik besteht, weil eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik droht oder stattfindet (§ 5 Abs. 1 S. 6 IfSG). Zuletzt galt diese Feststellung bis zum 25. November 2021. Eine erneute Ausrufung ist nach dem gegenwärtigen Stand der Pandemie nicht absehbar.
28b IfSG enthält Schutzmaßnahmen, die vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 gelten, unabhängig von einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Vorgesehen sind bundeseinheitliche Maßnahmen, eine Ermächtigung zu landesrechtlichen Basismaßnahmen sowie eine Ermächtigung zu landesrechtlichen, tiefergreifenden Maßnahmen bei einer regional kritischen Pandemielage. Von 1. Oktober 2022 bis 7. April 2023 gilt nach § 28b Abs. 1 IfSG bundeseinheitlich: eine FFP2-Maskenpflicht für Fahrgäste im öffentlichen Personenfernverkehr (Fahrgäste unter 14 Jahren und Beschäftigte mit Kundenkontakt [insbesondere Kontroll- und Servicepersonal] müssen mindestens eine medizinische Gesichtsmaske tragen); FFP2-Maskenpflicht sowie Testpflicht in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen (Beschäftigte müssen drei Tests pro Woche vorlegen); FFP2-Maskenpflicht sowie Testpflicht (dreimal pro Woche) für Beschäftigte ambulanter Pflegedienste (bei Tätigkeitsaufnahme von der eigenen Wohnung aus kann der Test als Selbsttest zu Hause erfolgen); FFP2-Maskenpflicht für Patienten und Besucher von Arztpraxen, psychotherapeutischen Praxen, Tageskliniken und vergleichbaren Einrichtungen sowie Rettungsdiensten; keine gesetzliche Maskenpflicht im Flugverkehr, nur Ermächtigung für die Bundesregierung, eine solche per Verordnung anzuordnen. Von der Maskenpflicht ausgenommen sind immer Kinder unter sechs Jahren, Personen, die eine medizinische Kontraindikation nachweisen sowie gehörlose und schwerhörige Menschen samt deren Kommunikationspartnern. Soweit von der Maskenpflicht Patienten und Gepflegte erfasst sind, gilt die Maskenpflicht nicht in den für ihren stationären Aufenthalt bestimmten Räumen. Die Bundesregierung kann durch Verordnung die bundeseinheitlichen Maßnahmen ganz oder teilweise aussetzen, § 28b Abs. 8 IfSG.
Die Länder können vom 1. Oktober 2022 bis 7. April 2023 nach § 28b Abs. 2 IfSG folgende Basismaßnahmen treffen: Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen; Maskenpflicht in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs für Fahrgäste; Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske für Personal mit Kundenkontakt; Maskenpflicht und Testpflicht in Obdachlosenunterkünften, Asylbewerberheimen und vergleichbaren Einrichtungen; Testpflicht in Schulen, Kindergärten und -tagesstätten; Testpflicht in Justizvollzugsanstalten und vergleichbaren Einrichtungen. Von der Maskenpflicht befreit sind wieder Kinder unter sechs Jahren, Menschen mit nachgewiesener Kontraindikation, Gehörlose und Schwerhörige samt deren Kommunikationspartnern. Für Freizeit-, Kultur- und Sportveranstaltungen sowie in der Gastronomie müssen die Länder dabei eine Ausnahme von der Maskenpflicht für Personen mit aktuellem negativen Test vorsehen. Die Länder können außerdem eine Ausnahme von der Maskenpflicht für Personen mit frischer Impfung (letzte Einzelimpfung vor maximal drei Monaten) oder frischer Genesung (positiver Test vor maximal drei Monaten) vorsehen.
Soweit es zur Aufrechterhaltung des geregelten Präsenz-Unterrichts erforderlich ist, können die Länder vom 1. Oktober 2022 bis 7. April 2023 gemäß § 28b Abs. 3 IfSG eine Maskenpflicht für Schüler ab dem fünften Schuljahr und Lehrer sowie Betreuer in Kindergärten und -tagesstätten vorsehen.
Bei einer konkreten Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen Infrastruktur können die Länder tiefergreifende Maßnahmen erlassen. Voraussetzung ist, dass das Landesparlament die Gefahr förmlich feststellt. Kriterien für das Vorliegen der Gefahr sind gemäß § 28b Abs. 7 IfSG der besonders starke Anstieg oder die Stagnation auf hohem Niveau bestimmter Indikatoren: Das Abwassermonitoring der SARS-CoV-2-Belastung, die Anzahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner, die Surveillance-Systeme des Robert Koch-Instituts, die Neuaufnahmen in Krankenhäuser aufgrund SARS-CoV-2. Die Landesregierungen können dazu Schwellenwerte festsetzen. Möglich sind dann: Maskenpflicht bei Veranstaltungen im Außenbereich; Maskenpflicht für Veranstaltungen in öffentlich zugänglichen Innenräumen ohne Ausnahme für Getestete, Geimpfte oder Genesene; Pflicht für Geschäfte, Betriebe, Freizeit-, Kultur- und Sportveranstalter mit öffentlich zugänglichen Innenräumen zur Erstellung und Durchsetzung von Hygienekonzepten mit Desinfektionsmitteln, Kontaktvermeidung und Lüftungskonzepten; Abstandsgebot von 1,5 Metern im öffentlichen Raum; Personenobergrenzen für Veranstaltungen in öffentlich zugänglichen Innenräumen
Die Verordnungsermächtigung für das BMAS zum Erlass einer SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung in § 18 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz wird bis zum 7. April 2023 verlängert. Auf dieser Grundlage hat das Ministerium bereits eine neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung erlassen, die die Pflicht des Arbeitgebers zur Erstellung und Umsetzung betrieblicher Hygienekonzepte festlegt.
Der Bundesgesetzgeber schreibt zudem eine Nachgewähr von Urlaub vor, wenn der Arbeitnehmer in Quarantäne musste. Gemäß § 59 Infektionsschutzgesetz in der neuen Fassung gilt: „Wird ein Beschäftigter während seines Urlaubs (…) abgesondert oder hat er sich auf Grund einer (…) Rechtsverordnung abzusondern, so werden die Tage der Absonderung nicht auf den Jahresurlaub angerechnet.“ Das bedeutet, künftig können Arbeitnehmer, die während ihres angetretenen Urlaubs in Quarantäne oder Isolation müssen, von ihrem Arbeitgeber verlangen, die Tage der Absonderung als weiteren unverbrauchten Urlaub gutgeschrieben zu bekommen. Das gilt nicht nur für Absonderungen aufgrund SARS-CoV-2, sondern für alle quarantänepflichtigen Infektionen oder Infektionsverdacht. Es gilt somit im Ergebnis das Gleiche wie bei einer Erkrankung während des Urlaubs (§ 9 Bundesurlaubsgesetz). Bislang war die Frage, ob Urlaub auch während einer verpflichtenden Absonderung verbraucht wird, umstritten. Überwiegend wurde angenommen, der Urlaub werde trotzdem verbraucht, weil der Arbeitnehmer ja auch während seiner Quarantäne nicht arbeiten muss. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte jedoch am 16. August 2022 ein Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingeleitet, um die Frage aus unionsrechtlicher Sicht klären zu lassen (Az. 9 AZR 76/22). Obwohl mit der Neuregelung die Vorlagefrage quasi obsolet ist, wird das Vorlageverfahren aller Voraussicht nach weiterlaufen und eine Klärung der Rechtslage für Altfälle bringen. Die neue Bundesregelung ordnet keine Rückwirkung auf Altfälle an. Fälle von Quarantäne während des Urlaubs vor Inkrafttreten des Gesetzes sind daher weiter nach bisheriger Rechtslage zu entscheiden und damit nicht nachzugewähren, soweit EuGH und BAG im weiteren Verlauf zu keinem anderen Ergebnis kommen. Für zukünftige Fälle ist der Urlaub aber nach der neuen Bundesregelung wie dargestellt nachzugewähren; die Neuregelung in § 59 IfSG ist folglich nach aktuellem Stand auf Fälle seit dem 17. September 2022 anzuwenden.
Im Gesetzespaket des Bundes zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wird auch § 129 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) reaktiviert, sodass betriebsverfassungsrechtliche Versammlungen und Sitzungen nicht mehr in Präsenz stattfinden müssen. Mit enthalten ist auch eine Reaktivierung der Möglichkeit, Betriebsversammlungen und Einigungsstellensitzungen digital abzuhalten.
Die Bundesregierung informiert an dieser Stelle über die neuen Regelungen, das BMAS hält ebenso eine Infoseite sowie eine FAQ-Seite bereit.
Der CCV hat auf einer Informationsseite wesentliche Quellen für Ihre betriebliche Praxis zusammengestellt, die fortlaufend aktualisiert wird. Bleiben Sie gesund!