EuGH-Urteil zu 0180-Rufnummern (März 2017)

Constantin Jacob, Leiter Recht & Regulierung und Verbandsjustitiar im Customer Service & Call Center Verband Deutschland e. V. (CCV)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am 2. März 2017, dass erhöhte Kosten für Kundenservice-Hotlines im Zusammenhang mit bereits geschlossenen Verträgen europarechtswidrig sind. Die Gebühren dürfen nicht höher sein als der ortsübliche Tarif. Zugrunde lag eine Klage der Frankfurter Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs gegen ein Elektronikunternehmen, das eine 01805-Nummer einsetzte. Hierdurch mussten Endkunden höhere Gebühren zahlen als für ein übliches Telefonat über das Fest- oder Mobilfunknetz.

Gemäß Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie) haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass Verbraucher für Anrufe über eine Telefonleitung, die der Unternehmer eingerichtet hat, um von seinen vertraglich gebundenen Kunden kontaktiert zu werden, nicht mehr als den Grundtarif zahlen müssen. Deutschland setzte die Regelung in § 312a Abs. 5 BGB um. Strittig war jedoch der Begriff „Grundtarif“, da dieser in der Richtlinie nicht definiert wird. Im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens legte das Landgericht Stuttgart diese Frage 2015 dem EuGH vor.

Nach dem Urteil des EuGH sei der Begriff „Grundtarif“ dahingehend auszulegen, dass die Kosten für Anrufe, die bereits geschlossene Verträge betreffen, die Gebühren einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummer nicht übersteigen dürfen. Der EuGH argumentiert, dass Zielsetzung der Richtlinie die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus sei. Eine überteuerte Rufnummer widerspreche diesem Gedanken, da Verbraucher abgeschreckt würden, Rückfragen zu Lieferterminen, Rechnungen oder Gewährleistungen zu stellen. Nach Ansicht des EuGH entspricht der Begriff „Grundtarif“ den Kosten eines gewöhnlichen Anrufs. Die Richtlinie schütze dementsprechend den Verbraucher vor zusätzlichen Gebühren.

Das Urteil gilt für Anrufe im Zusammenhang mit geschlossenen Verträgen. Werden höhere Gebühren verlangt, drohen Abmahnungen und Klagen. Technischer Support, Hotlines für Bestellungen, unentgeltliche Dienstleistungen oder solche, die ausschließlich am Telefon erfolgen, müssen hingegen bspw. nicht zum Grundtarif angeboten werden.

Diese Fragestellung sowie weitere Themen werden auch ausführlich in der am 5. April 2022 veröffentlichten CCV-Publikation „Datenschutz- und Wettbewerbsrecht im Kundenservice“ erörtert.

Rechtliche Hinweise:
Diese Publikation stellt eine allgemeine und unverbindliche Information dar. Obwohl die Informationen mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität, insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt daher in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung des CCV wird ausgeschlossen. Der CCV darf als Branchenverband keine Rechtsberatung im Einzelfall leisten. Hierzu wenden Sie sich bitte je nach Fragestellung an einen spezialisierten Rechtsanwalt oder an einen (externen) Datenschutzbeauftragten. Alle Rechte, auch der auszugsweisen Vervielfältigung, liegen beim CCV.